Eine wirklich fruchtbare Politik, die auf Unterdrückung und Zwang verzichtet, ist nur möglich, wenn nicht aus Angst, im Kampfmodus oder mit Verbissenheit gehandelt wird. Was hingegen wichtig ist, ist die Freude: Die Freude, sich mit anderen Menschen auf Augenhöhe auszutauschen. Die Freude an der Vielfalt, an den verschiedenen Perspektiven, Erfahrungen und Positionen der anderen. Die Freude am Gestalten, also daran, mit anderen gemeinsam etwas erreichen zu können, sich als wirksam zu erleben. Und auch die Freude an der Unsicherheit.
„Wenn wir nicht bewusst neue lebensdienliche Systeme erschaffen, reproduzieren wir unbewusst die Systeme der Dominanzkultur, in der wir aufgewachsen sind.“
Miki Kashtan
Immer wenn Menschen gemeinsam ihr Lebensumfeld gestalten, können wir dies als Politik im weitesten Sinne verstehen. Zentral ist nicht, dass man stellvertretend handelt, gewählt wurde oder Berufspolitiker*in ist. Ob nun im Kleinen oder auf globaler Ebene: Es geht immer um das gemeinsame Lebensumfeld und dass es kein einzelindividuelles Handeln ist, sondern eine Verständigung voraussetzt (und sei es, dass andere meine Handlungsmacht anerkennen).
Ich bin überzeugt, dass eine wirklich fruchtbare Politik, die auf Unterdrückung und Zwang verzichtet, nur möglich ist, wenn nicht aus Angst, im Kampfmodus oder mit Verbissenheit gehandelt wird. Was hingegen wichtig ist, ist die Freude: Die Freude, sich mit anderen Menschen auf Augenhöhe auszutauschen. Die Freude an der Vielfalt, an den verschiedenen Perspektiven, Erfahrungen und Positionen der anderen. Die Freude am Gestalten, also daran, mit anderen gemeinsam etwas erreichen zu können, sich als wirksam zu erleben. Und auch die Freude an der Unsicherheit.
Letzteres ist wohl das schwierigste. Doch wir leben in einer komplexen Welt und die Zukunft ist prinzipiell nicht vorhersagbar. Und wir können ja auch nur mitgestalten, weil die Zukunft nicht determiniert ist. Wir sind nur frei, weil das Schicksal nicht unabänderlich über uns kommt. Wenn wir gemeinsam mit anderen gestalten wollen, müssen wir uns auf die anderen einlassen, von denen wir anfangs nicht wissen, was sie wollen und welche Erfahrungen und Perspektiven sie mitbringen. Oftmals kennen wir ja nicht mal uns selbst so gut. Erst recht sollten wir offen lassen, wer wir nach einem kokreativen Prozess sind – also wie wir uns selbst verändert, was wir gelernt, wie wir uns entwickelt haben und welche Position wir dann einnehmen. Wenn wir diese Unsicherheit ablehnen, dann werden wir verbissen, dann kämpfen wir für eine Kontrolle, die eine Illusion ist. Also: Lasst uns diese Unsicherheit als Freiheit feiern!
Und auch wenn die globalen Krisen uns heute eigentlich zur Verzweiflung treiben: Nur mit Freude bewahren wir uns die Zuversicht, dass eine bessere, schönere Welt möglich ist. Oder uns zumindest die Hoffnung bleibt, so wie Vaclav Havel sie verstand: „Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.“
Gedanken zur Unsicherheit angeregt durch die Philosphin Natalie Knapp (Buchempfehlung: Kompass neues Denken. Wie wir uns in einer unübersichtlichen Welt orientieren können)